Mit dem schwindenden Vertrauen in die Weltkonjunktur sinken auch die Zinsen, besonders am Frankenmarkt, wo die Schweizerische Nationalbank dem Rückgang der Inflation und dem starken Franken mit Leitzinssenkungen begegnet. Noch mickrige 0,25 Prozent beträgt der Schlüsselsatz für kurzfristige Geldmarktkredite. Wenn sich die konjunkturelle Grosswetterlage nicht markant verbessert – wozu jedoch ein Ende des Zollstreits nötig wäre –, ist es bloss noch eine Frage der Zeit, bis der Zins auf null und dann darunter rutscht.
Das klingt dramatisch. Denn Negativzinsen sind ein Reizthema. Sie verdrehen die Logik des Kapitalismus, wonach belohnt wird, wer auf die Nutzung des Geldes verzichtet und es verleiht. Und auch die Medien haben sich auf das Thema eingeschossen, weil es so verrückt klingt und Aufmerksamkeit garantiert. Aber nüchtern betrachtet sind Minuszinsen kein Aufreger und bedeuten auch nicht das Ende des Kapitalismus. Nur weil sich das Vorzeichen ändert, ändert sich nicht auf einen Schlag alles komplett, so wie beim Wasser, das bei Minustemperaturen zu Eis erstarrt.
Die Nullgrenze hat vor allem eine psychologische Bedeutung, sie ist die Barriere in unseren Köpfen. Effektiv macht es aber keinen grossen Unterschied, ob die Zinsen von plus 0,25 auf null oder von null auf –0,25 Prozent gesenkt werden.
Die Schmerzgrenze liegt bei –1 Prozent
Theoretisch müssten zwar bei Negativzinsen die Bankkunden die Einlagen abziehen und Bargeld horten, wodurch die Zinssenkung geldpolitisch wirkungslos bliebe, aber die Banken ein Problem hätten. Doch die Erfahrungen mit den Negativzinsen der letzten Jahre lehren: Weil das Bargeldhorten nicht gratis ist, liegt der Punkt, an dem Bankeinlagen abgehoben werden, wesentlich tiefer. Die Mehrzahl der Experten sieht die Schmerzgrenze gar erst bei –1 Prozent. Ausserdem dauerte es lange, bis die Banken den Negativzins an die Sparerinnen und Sparer weitergaben. Und Guthaben unter 100’000 Franken blieben verschont. Aber dank den Freibeträgen der SNB hielt sich der Schaden für die Banken in Grenzen. Auch die Credit Suisse ist nicht wegen der Schweizer Strafzinsen untergegangen.
Ob die Zinsen negativ oder einfach nur sehr tief sind, machte keinen Unterschied: Beides belohnt das Schuldenmachen und kann zu Auswüchsen am Immobilienmarkt führen. Entscheidend ist, dass die Zinsen zur Wirtschaft passen, egal auf welchem nominalen Niveau. In einer Hochkonjunktur mit Inflationsgefahr sind hohe Zinsen angemessen. Bei Flaute und sinkenden Preisen kann sogar ein Negativzins angemessen sein, vor allem wenn man wie die SNB auf den Wechselkurs schielt. Ausserdem zieht man sich damit weniger den Ärger der US-Amerikaner auf sich, als wenn man den Wechselkurs direkt durch Devisenkäufe beeinflusst und als «Manipulator» dasteht.
2 Kommentare
Zahlungsmittel sind per Definition keine Darlehen, somit können sie keine Zinsen auslösen. Das unsägliche Wort „Negativzinsen“ ist billiger Schönsprech für ENTEIGNUNG.
Solange uns keine Möglichkeit gegeben wird, elektronische Zahlungsmittel ausserhalb einer stets risikobehafteten Bankbilanz zu halten, solange sollte uns wenigsten die in der Verfassung verankerte Eigentumsgarantie vor willkürlicher Enteignung schützen. Wirklich übel wird es, wenn es uns de facto verwehrt wird, ohne Begründung beliebig Bargeld zu beziehen und auch wieder einzuzahlen. Genau da sind wir aber! Unsere elektronischen Zahlungsmittel bleiben dem Bankrisiko ausgesetzt und nun auch zusätzlich dem Enteignungsrisiko. Und keiner muckt auf. Schöne Neue Welt!
Man müsste mit einem Negativzins von -5% rechnen, dann könnten die Jungen ihr Rentenkapital schon heute beziehen und damit Wohneigentum anschaffen, bis zur Pensionierung wäre es abbezahlt!